AutoBild sportscars 04/2019

An die Verknüpfung Volvo und Motorsport denken wohl die wenigsten. Dabei bestritten die Schweden in den Neunzigern eine erfolgreiche Ära im Tourenwagensport – kann Tuner HEICO SPORTIV dem neuen V60 wieder ein bisschen Rennsportflair einhauchen?

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Volvo-V60-autobild

Es ist die letzte Bastion für sportliche Volvos: Der deutsche Tuner HEICO SPORTIV injiziert den Understatement-Schweden regelmäßig kraftvolle DNA. Denn wie viel sportliche Gene in Zukunft von Volvo selbst kommen, ist fraglich. Seit Ende 2017 fungiert die hauseigene Tuningmarke Polestar auch als Sparte für Elektroautos, worauf laut Volvo-CEO Håkan Samuelsson in Zukunft auch der Fokus liegen soll. HEICO, das Unternehmen aus dem hessischen Weiterstadt bleibt der Tuningtradition allerdings treu; seit Jahren veredelt die Firma Volvos für Motorsport und Privatkunden. Neuestes Feuer im Eisen: der V60 T6 AWD.

Für ihn gibt es eine kleine, aber feine Optik- und Leistungskur. Dessen Zweiliter-Turbo-Kompressor wurde auf 340 PS hochgezüchtet. Mit dem T6-Vierzylinder widmet sich HEICO dem stärksten Serienmotor (310 PS) der Skandinavier. Und den Gang in die hessische Muckibude merkt man dem Göteborger definitiv an: Die äußere Erscheinung ist sportlich definiert, der Vierrohr-Klappenauspuff wirkt formell gut integriert und nicht übertrieben – Preis: 3632 Euro! Die 21 Zoll großen Räder (4324 Euro) geben dem HEICO eine satte Optik in Verbindung mit einem Gewindefahrwerk (2866 Euro).

Leider kommt der Volvo in der Serienversion nicht gerade als ambitionierter Tourenrenner daher. Dafür hat HEICO wiederum sehr gut abgeliefert. Die 30-PS-Leistungssteigerung respektive den 60-Newtonmeter-Nachschlag merkt man dem Kombi deutlich an. Mit 5,3 Sekunden ist die Tuningversion eine ganze Sekunde fixer auf 100 km/h als die Serie; von 0 auf 200 wächst der Vorsprung dann bis auf 3,7 Sekunden an. Eine technische Optimierung, die in sportlicher Hinsicht jeden der 2632 Euro wert ist.

So weit zur Längsdynamik. Wird es kurvig, zeigen sich die Auswirkungen der Fahrwerkskur. Zwar hoppelt oder versetzt der V60 auf den riesigen 21-Zoll-Rädern schon mal auf kurzen Unebenheiten, lenkt aber direkter ein und entwickelt mehr Kurvengrip. Eine ausgeprägte Spurrillenempfindlichkeit konnten wir nicht feststellen – unter rein sportlichen Gesichtspunkten also ein Gewinn. 19- oder 20-Zoll-Räder täten dem Abrollkomfort jedoch besser. Zumal die 21-Zöller das zweitteuerste Tuningfeature des Autos sind. HEICO bietet alternativ Räder in 19 (2660 Euro) oder 20 Zoll (2832 Euro) an. In puncto Reifenwahl konnte der Testwagen mit dem aufgezogenen Pirelli P-Zero dagegen überzeugen.

HEICO liefert Upgrades, von denen Volvo-Fans vielleicht gar nicht wissen, dass sie ihr Fahrzeug in dieser Richtung aufwerten können – sportliche Ambitionen, die zuletzt nach dem 850R der 1990er Jahre herstellerseitig verloren gingen. So führt der Tuner auch einen eigenen Klappenauspuff im Sortiment. Bei tiefen Drehzahlen unterhält er den Fahrer mit einem sonoren Grummeln, beim Kickdown geht es in ein heiseres Fauchen über, ohne dabei mithilfe akustischer Tricks mehr Zylinder oder Hubraum zu imitieren, als tatsächlich unter der Haube stecken.

Welche Zielgruppe will der Tuner hier ansprechen? Was den Komfort, das Platzangebot und das Design betrifft, ist ein V60 sicherlich eine sehr gute Wahl. Wer diesen dann noch annähernd so sportlich aufrüstet, wie HEICO es anbietet, findet sich in einem Preissegment mit BMW 340i xDrive Touring oder Audi S4 Avant wieder. Da gibt es die Sportlichkeit inklusive Feinschliff aber bereits ab Werk – Sechszylinder inklusive.

Mit Blick auf die geforderten Preise sollten Liebhaber getunter Volvo also über das nötige Kleingeld verfügen. Etwas nicht Alltägliches fahren sie dann aber auf jeden Fall!

FAZIT von Bastian Karl:
Was von Herstellerseite nicht mehr zu bekommen ist, liefert Tuner HEICO nach. Mit dem Tuning des V60 T6 AWD hat der hessische Veredler ordentliche Arbeit geleistet: Unsere Messwerte belegen leistungsmäßig einen deutlichen Sprung. Getriebeseitig vermissen wir jedoch Schaltwippen am Lenkrad. So könnte die Arbeit von HEICO auch unter Sportwagenfans mehr Resonanz finden.